Trocken Rocken Mit Dogs & Dolls Trock`n Roll Band / Ramona & Peter - Psychologische Suchtberater/in
© Copyright Ramona & Peter - Trock`n Roll Band | Letzte Änderung: 21.06.2016
Die traurige Traurigkeit
Es war einmal eine kleine Frau, die einen staubigen Feldweg entlanglief. Sie war offenbar schon
sehr alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten
Mädchens.
Bei einer zusammengekauerten Gestalt, die am Wegesrand saß, blieb sie stehen und sah hinunter.
Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue
Decke mit menschlichen Konturen.
Die kleine Frau beugte sich zu der Gestalt hinunter und fragte: "Wer bist du?"
Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit", flüsterte die Stimme
stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war.
"Ach die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen.
"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.
"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein Stück des Weges begleitet."
"Ja aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine
Angst?"
"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden
Flüchtigen einholst. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"
"Ich..., ich bin traurig", sagte die graue Gestalt.
Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte sie und nickte verständnisvoll
mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so bedrückt."
Die Traurigkeit seufzte tief.
"Ach, weißt du", begann sie zögernd und auch verwundert darüber, dass ihr tatsächlich jemand
zuhören wollte, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung,
unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu
ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest."
Die Traurigkeit schluckte schwer.
"Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: 'Papperlapapp, das
Leben ist heiter.' und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: 'Gelobt
sei, was hart macht.' und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: 'Man muss sich nur
zusammenreißen.' und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: 'Nur
Schwächlinge weinen.' und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie
betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."
"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir auch schon oft begegnet..."
Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. "Und dabei will ich den Menschen
doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe
ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist hat eine besonders dünne
Haut. Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde und das tut sehr weh. Aber
nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich
heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Stattdessen schminken sie
sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit
zu."
Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz
verzweifelt. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme.
Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel.
"Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln
kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die
Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt."
Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue
Gefährtin:
"Aber..., aber – wer bist eigentlich du?"
"Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd. "Ich bin die Hoffnung."
...
Bitte....
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