Trocken Rocken Mit Dogs & Dolls Trock`n Roll Band / Ramona & Peter - Psychologische Suchtberater/in
Wie Nikotin wirkt
Wenn der Tabak glimmt, wird das Nikotin freigesetzt. Gebunden an die winzigen Teerteilchen im Rauch
gelangt es in die Lunge und von dort ins Blut. Bei Kau- und Schnupftabak erfolgt die Aufnahme über die
Schleimhaut von Nase oder Mund. Da Nikotin die Eigenschaft besitzt, die Blut-Hirn-Schranke zu
überwinden, die viele andere Giftstoffe stoppen kann, erreichen die Nikotinmoleküle schon sieben
Sekunden später das Gehirn, heften sich dort an die Nervenzellen und beeinflussen deren Aktivität. Das
lässt sich mit modernen Verfahren sogar auf dem Bildschirm verfolgen.
In den folgenden Absätzen wird hin und wieder von "Nikotin-Rezeptoren" zu lesen sein. Dieser Begriff ist
nicht ganz korrekt, denn die genannten Rezeptoren warten keineswegs darauf, dass ein Nikotin-Molekül
andockt. Vielmehr handelt es sich um Rezeptoren, die normalerweise auf Acetylcholin reagieren. Nikotin
ist diesem Neurotransmitter (Botenstoff) sehr ähnlich, sodass die Acetylcholin-Rezeptoren auch auf
Nikotin reagieren.
"Nikotin ist eine der am schnellsten süchtig machenden Substanzen.
Es hat nicht nur psychostimulierende Wirkungen wie Kokain oder Amphetamin, sondern stößt im Gehirn
die gesamte Breite der Neuromodulatoren an und wirkt wie der Dirigent in einem Konzert auf viele
Instrumente ein", erläuterte Professor Lutz Schmidt aus Berlin auf der 2. Nikotin-Konferenz der Deutschen
Gesellschaft für Nikotinforschung in Erfurt. Nikotin greift an zwei verschiedenen Kompartimenten an, den
präsynaptischen und postsynaptischen Nikotinrezeptoren. Bei Bindung an die Rezeptoren kommt es zur
Ausschüttung unterschiedlicher Neurotransmitter [chemische Stoffe, die dem Informationsaustausch
zwischen den einzelnen Nervenzellen dienen] wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Endorphinen.
Diese beeinflussen bekanntlich verschiedene funktionale Strukturen des Gehirns, wobei es individuelle
Variationen gibt. Die nikotinergen Rezeptoren haben einen sehr engen Bezug zum präfrontalen Cortex.
"Dadurch wird verständlich, dass Hirnfunktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernen durch
Nikotin verbessert werden", so Professor Lutz Schmidt aus Berlin.
Außerdem bestehe eine enge räumliche Beziehung zum dopaminergen Belohnungssystem, einer
entwicklungsgeschichtlich entscheidenden Struktur. Sie wirkt auf Funktionen wie Essen, Trinken und
Sexualität, die notwendig sowohl für die Existenz des einzelnen Menschen als auch für das Überleben der
Art sind. Beim Rauchen belohnt sich der Mensch also ebenso wie bei der Ausführung existentieller
Handlungen.
Die besondere Wirkung des Nikotins auf das Gehirn besteht in einer Catecholamin-Freisetzung in den so
genannten Belohnungsarealen der Großhirnrinde. Dies in Verbindung mit dem sensiblen oralen Reiz des
Rauchens bewirkt die "positiven" Gefühle des Rauchens.
Zigaretten enthalten eine ganze Reihe von Substanzen, die sich in ihrer Suchtwirkung potenzieren.
Ammonium (dem Tabak bei der Verarbeitung künstlich zugesetzt) beispielsweise wirkt wie ein
Beschleuniger für das Nikotin. Der im Tabakblatt enthaltene bzw. künstlich zugesetzte Zucker verbrennt
beim Rauchen, wobei u. a. das ebenfalls süchtigmachende Acetaldehyd entsteht. Dieser Stoff bewirkt eine
Reduzierung des Enzyms MAO-B (Monoaminooxidase B), das im Gehirn Neurotransmitter wie Dopamin
und Serotonin abbaut. Man hat festgestellt, dass Raucher bis zu 40 Prozent weniger MAO-B haben als
Nichtraucher. Dementsprechend mehr Dopamin und Serotonin wirken auf das Gehirn ein, was wie beim
Nikotin als angenehm empfunden wird und somit das Suchtpotential erhöht.
Auch diverse andere Drogen wirken als MAO-B-Hemmer, zum Beispiel Tollkirsche und Stechapfel.
MAO-Hemmer werden in der Medizin als Antidepressiva eingesetzt.
All diese Zusammenhänge sind aber immer noch Gegenstand der aktuellen Forschung. Mit weiteren
Erkenntnissen wird auch in Zukunft zu rechnen sein.
Übrigens wirkt Alkohol an den selben Rezeptoren wie Nikotin. Er blockiert diese, was dazu führt, dass
mehr geraucht werden muss, um sich entspannt zu fühlen.
Rauchen stresst. Viele Raucher behaupten, mit Hilfe der Zigarette könnten sie besser Stress abbauen.
Wer raucht, um Stress abzubauen, füge sich selbst nur weiteren Stress zu, denn der scheinbar
entspannende Effekt des Rauchens komme nur dadurch zustande, dass durch den Griff zur Zigarette die
Spannung, die durch ein Sinken des Nikotin-Levels entstanden ist, wieder aufgehoben wird.
Die gewohnheitsmäßigen Raucher brauchen jedoch bald eine weitere Zigarette, um die neuen
Abstinenzsymptome, die sich wieder einstellen, zu bekämpfen. Das wiederholte Empfinden negativer
Stimmungen zwischen den Zigaretten bedeutet, dass Raucher dazu neigen, ein leicht
überdurchschnittliches täglich Stress-Niveau zu erleben. Somit scheint Nikotin-Abhängigkeit eine direkte
Ursache von Stress zu sein.
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© Copyright Ramona & Peter - Trock`n Roll Band | Letzte Änderung: 21.06.2016